Antrag / Anfrage / Rede
Wahrnehmung der kommunalen Verantwortung in der Umsetzung von §1, Abs.1 des Gesetzes zur Änderung der Bayerischen Naturschutzgesetzes zugunsten der Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern („Rettet die Bienen”)
Antrag für die Kreistagssitzung am 20.11.20
Sehr geehrter Herr Landrat Löffler,
ich bitte Sie, folgenden fristgerecht eingereichten Antrag zur Abstimmung in die Kreistagssitzung am 20.11.2020 aufzunehmen
Der Kreistag möge beschließen:
1. Es soll dem Kreistag Auskunft erteilt werden, wie hoch der Anteil von regionalen Bioprodukten in kommunalen Küchen (Landratsamt, Gymnasien, Berufs- und Realschule) ist.
2. Es soll ein Konzept erarbeitet werden, wie in den nächsten 3 Jahren der Anteil von Lebensmitteln aus regionaler ökologischer Landwirtschaft erhöht werden kann.
3. Es sollen Fördermöglichkeiten gefunden werden, wie die kommunalen Küchen dabei auch finanziell unterstützt werden können.
4. Das Konzept „Digitaler Landgenuss” soll um eine konkreten Zielvorgabe der Steigerung des Anteils ökologisch wirtschaftender landwirtschaftlicher Betriebe im Landkreis Cham erweitert werden.
5. In die Projektgruppe des Konzeptes „Digitaler Landgenuss” muss der BUND Naturschutz e.V. aufgenommen werden, sowie weitere Partner, denen die Erhöhung des Anteils bioregionaler Produkte in kommunalen Küchen ein Anliegen ist.
Begründung:
Am 24.7.2019 hat sich der Freistaat Bayern zur Auflage gemacht, die ökologische Landwirtschaft im Jahr 2025 auf mindestens 20% und im Jahr 2030 auf mindestens 30% zu erhöhen. Zur Erreichung dieses Ziels ist der Freistaat auf die aktive Mitwirkung der Kommunen angewiesen. Mit einem Anteil von gut 3% ökologischer Landwirtschaft (AELF Cham: 3,1%, Stand 2016) sind wir im Landkreis meilenweit von dieser – freilich landesweit geforderten – Zielvorgabe entfernt. Daraus ergibt sich für uns als Landkreis Cham die Verpflichtung, in den Küchen mit denen wir mit Pächtern entsprechende Regelungen treffen können, den Anteil von bioregionalen Produkten zu erhöhen.
Unter dem nicht genau definierten und nicht geschützten Begriff „Regionalität” werden üblicherweise Produkte der konventionellen, intensiven Landwirtschaft angeboten. Im Gegensatz dazu, ist der Begriff „Bio” geschützt und mit klaren Standardanforderungen versehen.
Im Bereich Tierhaltung bzw. des Tierwohls bedeutet demzufolge „regional”, dass für Schweine schon eine Boxengröße von 0,75 m2 auseichend ist.
Ebenso gilt als „regional”, wenn in der Tiermast als Futter Soja eingesetzt wird, das aus Südamerika importiert wurde, und unter Umständen sogar als Anbauprodukt aus den durch Brandrodung des Amazonas neu geschaffenen landwirtschaftlichen Flächen stammt.
Bei der „regionalen” Eiererzeugung wird weltweit erzeugtes Legemehl verwendet, das u.a. Fischmehl enthalten darf, welches aus Abfallprodukten großer Fangflotten gewonnen wird.
Die Produktion „regionaler” Lebensmittel setzt einen Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden voraus, die erstens unter erheblichen Energieeinsatz produziert werden, zweitens - wie erst kürzlich nachgewiesen - eine erhebliche Verbreitung über Staubpartikel in der Luft aufweisen und sich schließlich negativ auf die Artenvielfalt, sowie die Stickstoffeinträge in das Grundwasser auswirken.
„Regionale Vermarktung” wird allzu leicht vorgeschoben, um ein „Weiter So” in der Landwirtschaft zu manifestieren und den weiteren notwendigen Ausbau ökologischer Landwirtschaft zu behindern. In der derzeitigen Zusammenstellung der Projektgruppe finden sich Partner, die sich aktiv gegen die Zielsetzung des Volksbegehrens für mehr Artenvielfalt „Rettet die Bienen“ ausgesprochen haben und das von 1,67 Mio bayerischer Bürger unterstützt wurde. Dies steht im Diskrepanz zu der Tatsache, dass das Volksbegehren 1:1 in Gesetzesform gegossen und von Ministerpräsident Dr. Markus Söder in seinen Zielvorgaben aktiv priorisiert wurde und wird.
Gegen Bioprodukte wird oft ins Feld geführt, dass diese nicht regional erzeugt werden könnten und prinzipiell teurer seien. Auch hier benötigt es einer Richtigstellung. Es gibt beispielsweise genügend im Landkreis Cham erzeugtes Biorindfleisch, das beispielsweise in Genossenschaften wie einer großen schwäbischen Biosupermarktkette vermarktet wird. In Cham und Schwandorf sind große Molkereien ansässig, die „Biomilch” getrennt verarbeiten und in ihrem Portfolio reichlich Bioprodukte anbieten. Das Angebot von regional produziertem Obst und Gemüse liegt im Biobereich sogar höher als im konventionellen Bereich, trotz des nur geringen Prozentsatzes der ökologisch wirtschaftenden Betriebe an der Gesamtzahl der Landwirtschaftsbetriebe. Preislich kann Bio mit Regionalaufschlägen mithalten.
Das Projekt im Rahmen des Förderprogramms „Digitaler Landgenuss” sollte deshalb darauf auf einen Imagewandel der ökologischen Landwirtschaft hinwirken: Bioprodukte sollten künftig nicht mehr als exotisch und überteuert gebrandmarkt werden, sondern eher als normaler Standard gesehen werden, im Gegensatz des unter Chemieeinsatz hochgezüchteten Produkts.