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Pressemitteilung

Artikel zur Kreistagssitzung am 20.11.

ÖDP-Kreisrat Dr. Stefan Scheingraber forderte eine Aufhebung der Windkraft-Zonierung. Nur in den blauen Flecken auf der Karte (siehe Hintergrund) sind Windräder derzeit erlaubt. Rot ist tabu für Windräder. (Quelle: Elisabeth Geiling-Plötz)

Überarbeitete Leitlinien für Freiflächen-PV und Windparks

Im Ziel sind sich die 60 Kreistagsmitglieder einig. Nur der Weg war gestern strittig: SPD und ÖDP-Fraktion hatten die Überarbeitung der Genehmigungsvorschriften für Windkraft und Freiflächenphotovoltaikanlagen beantragt. Rückenwind bekamen sie von den Freien
Wählern, die gleich eine Grundsatzdebatte einforderten. Denn: "Mit der Änderung des Erneuerbaren Energiegesetzes fallen demnächst zig Biogasanlagen weg, weil sie unrentabel werden. Damit sinkt bei uns der Anteil des vor Ort erzeugten regenerativen Stroms von 65 auf 40 Prozent", warnte Freie-Kreisrat Max Schmaderer und sah schleunigst Handlungsbedarf.
Und dennoch stand nach langer und kontrovers geführter Debatte fest: Vorerst bleiben die Regelungen wie gehabt. Allerdings werden im Rahmen des jüngst beschlossenen Energieleitplans die Leitlinien komplett überarbeitet. Die Freien wünschen sich eine interfraktionelle Arbeitsgruppe und die Beratung durch externe Experten, wie ihr Fraktionssprecher Markus Hofmann ausführte.
"An Zonierung ist bislang kein Projekt gescheitert" Andrea Leitermann, Sprecherin der Grünen, hatte weder gegen eine Arbeitsgruppe noch eine Überarbeitung der Windkraft-Zonierung
etwas einzuwenden. Aber: "Am Ende darf nicht null dabei herauskommen. Es muss auch künftig Areale geben, in denen Windräder möglich sind." Außerdem kritisierte die Grüne, dass in der Debatte die Windkraft ständig als störendes Element dargestellt werde.Doch gestern war von grundsätzlichen Bedenken gegen die Windkraft kaum etwas zu hören. Ganz im Gegenteil, alle Redner betonten die Bedeutung der Energieform. "Wir wollen der Windkraft im Landkreis Cham eine Chance geben", beteuerte sogar CSU FraktionschefKarl Holmeier. Allerdings wusste Landrat Franz Löffler aus vielen Gesprächen mit potenziellen Investoren zu berichten, wie schwierig es ist, einen rentablen Standort zu finden. Und sein Bauverwaltungsleiter Karlheinz Aschenbrenner fügte an: "Die Projekte sind bislang nicht an den Vorgaben im Landschaftsschutzgebiet gescheitert, sondern an der fehlenden Wirtschaftlichkeit oder wegen technischer Probleme.” 

Der Weg ist frei für höhere Windräder

Denn auch die Technik der Windräder ändert sich ständig: Längst sind die Windräder nicht mehr nur 200 Meter hoch, sondern wachsen auf 230 oder 250 Meter an. Entsprechend kamen die Kreisräte gestern überein, die Vorgaben im Text des Zonierungsverfahrens zu ändern und damit den Weg für höhere Anlagen frei zu machen.
Der Antrag von ÖDP-Kreisrat Dr. Stefan Scheingraber, die Zonierung ganz aufzugeben, konnte sich hingegen nicht durchsetzen.
Eindringlich appellierte Landrat Franz Löffler an die Kreisräte, bei der Regelung zu bleiben. "Wir brauchen ein geordnetes Verfahren", warnte Löffler. Aschenbrenner prophezeite, dass durch einen Wegfall der Zonierung sogar ein Rückschritt für die Windkraft drohen würde. Denn damit wären auch die Areale aufgehoben, in denen bisher Windräder ausdrücklich erlaubt waren.
Die Kreisräte Karin Bucher und Michael Multerer hatten hingegen eine andere Überlegung. "Die Windparks im Norden bringen die vierfache Leistung. Wir müssen uns fragen, ob bei uns Windräder überhaupt wirtschaftlich zu betreiben sind", so Multerer. Löffler sah das ähnlich: "Nicht jeder kann alles. Im Norden weht der Wind, wir sollten vor allem auf die Sonne setzen."

Wertschöpfung liegt bei 600 Millionen Euro

Doch auch bei der Solarenergie ist nicht alles eitel Sonnenschein. Immer mehr Anträge für Freiflächen-PV-Anlagen werden gestellt.
"Wir müssen die Leitlinien, die wir 2009 für Photovoltaik aufgestellt haben, überarbeiten", stellte SPD-Fraktionssprecher Wolfgang Kerscher fest und forderte, mehr Tempo bei der Energiewende an den Tag zu legen. Kerscher ließ auch das vom Landrat oft geäußerte Argument nicht gelten, dass es noch Potenzial auf den Dächern gäbe. "Das mag theoretisch vorhanden sein", sah Kerscher keine Handhabe gegenüber privaten Hausbesitzern und plädierte für großzügigere Leitlinien für Freiflächensolaranlagen.
"Wir können die Regelungen gerne ausweiten. Aber wir sollten sie nicht ganz aufgeben. Sonst haben wir nur Einzelfallentscheidungen und die sind extremst schwierig", warnte Löffler. Er verwehrte sich gegen die Darstellung, dass in Sachen Ökostrom in den vergangenen Jahren nichts passiert sei. Mit einem Anteil bei der regional produzierten Energie von 65 Prozent - das entspricht laut Löffler einem Stromertrag von 90 Millionen Euro und einer Wertschöpfung von 600 Millionen Euro im Jahr - liege der Landkreis überdem Bayernschnitt.
Letztlich zog die SPD-Fraktion ihren Antrag zurück. Nun werden die Fragen der regenerativen Energie im Zuge des Energieleitplansdiskutiert und neu justiert.

"Das ist kein Gewerbemüll!"

Es waren beängstigende Szenarien, die Dr. Stefan Scheingraber da an die Wand malte: Der ÖDP-Kreisrat prophezeite steigende Leukämie- und Schilddrüsenkrebsraten und mehr Fehlgeburten. Im Visier hatte er die seit Jahren in der Müllverbrennungsanlage Schwandorf übliche Praxis, den freigemessenen Müll aus den Kernkraftwerken Isar I und II sowie Grafenrheinfeld zu verbrennen. „Das mag rechtlich sauber sein, aber es ist nicht medizinisch verantwortbar”, ereiferte sich Scheingraber und forderte den Kreistag auf, seine Position als Mitglied des Schwandorfer Zweckverbandes zu nutzen und diese Verwertung zu beenden.

505 Unterschriften für den Landrat

„Das ist kein normaler Gewerbemüll, auch wenn er so behandelt wird“, warnte der Mediziner. Als Beispiel führte er einen Putzlappen aus Isar I an: Die radioaktiven Partikel seien fest an den Stoff gebunden. Durch die Verbrennung werde die Alphastrahlung aber frei, lande in der Luft und werde in der Folge eingeatmet oder über die Nahrung aufgenommen. Scheingraber plädierte dafür, die in den Kernkraftwerken anfallenden Stoffe zu deponieren. Er hatte im Vorfeld Unterschriften für seinen Antrag gesammelt und übergab Landrat Franz Löffler 505 Signaturen.
Doch die Mehrheit im Kreistag zeigt sich von den Ausführungen des ÖDP-Kreisrates wenig beeindruckt. „Sie schüren Ängste”, ärgerte sich CSU-Sprecher Karl Holmeier über Scheingrabers Ausführungen. Holmeier betonte, dass der Müllzweckverband in seinem Vorgehen rechtskonform sei. JU-Kreisvorsitzender Matthias Scherr schimpfte Scheingraber einen „Populisten” und sein
Fraktionskollege Michael Multerer verwies auf die staatlichen Stellen, die den Abfall messen und freigeben würden. „Darauf vertraue ich”, so Multerer.

„Im Zweifel für die Sicherheit der Bürger!”

Vonseiten der SPD klang das anders: „Ich teile die Sorge um die Gesundheit der Menschen”, stellte Wolfgang Kerscher fest und forderte eine Abkehr von der Praxis, freigemessenen Abfall aus Kernkraftwerken verbrennen zu lassen. Hier sei der Gesetzgeber gefordert. Ins selbe Horn stieß Marius Brey von den Linken: „Im Zweifel müssen wir für die Sicherheit der Bürger entscheiden. So wie das in der Corona-Krise auch geschieht.”
Letztlich stimmten 18 Kreisräte aus den verschiedensten Fraktionen für Scheingrabers Antrag. Es bleibt also beim bisherigen Vorgehen – „außer es ergeben sich neue Erkenntnisse”, fügte der Landrat vorsichtshalber hinzu.

Autorin: Elisabeth Geiling-Plötz, veröffentlicht in der Chamer Zeitung

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